Archiv für den Monat: Juni 2025

Deutsche Befindlichkeit: Hoffnung keimt auf

Während der Kieler Woche erörtern Conny&Kurt in ihrem Podcast die Stimmung in Deutschland. Es scheint sich zu drehen. Ein psychologisch bedingtes Fünkchen Hoffnung keimt durch die neue Regierung auf, obwohl die wirtschaftlichen Zahlen weiterhin schlecht sind. Die Sehnsucht, aus dem „Tal der Tränen“ herauszutreten, ist groß.

Allerdings stehen große Zumutungen bevor, insbesondere in Bereichen wie Pflege, Gesundheit und Rente. Die beiden Podcaster erwarten Einkommensverluste. Die beiden unterstreichen die Sehnsucht nach Optimismus und klarem Ausblick inmitten von Unsicherheiten. Trotz dieser Herausforderungen und der Notwendigkeit von Realismus brauchen die Menschen Hoffnung.

Expertin fordert bei Verdacht Tätigkeitsverbot

Oberkirchenrätin Petra Knötzele, Leiterin der Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), betont beim Umgang mit sexualisierter Gewalt den Dreiklang aus Prävention, Intervention und Aufarbeitung. Knötzele fordert eine bessere Ausstattung von Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendämtern und träumt von einem „Verdachtsregister“, um Tätigkeitsuntersagungen effektiver umsetzen zu können. Heute kann ein unter Verdacht stehender Mitarbeiter, der etwa in der Kita freigestellt wurde, problemlos den Arbeitgeber wechseln. Und dann eben wieder in einer Tageseinrichtung für Kinder arbeiten. Durch klare Regeln, Schulungen und der Pflicht zur Vorlage erweiterter Führungszeugnisse will die EKHN den notwendigen Schutz sicherstellen. Außerdem wurde ein Beschwerdeverfahren implementiert.

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) engagiert sich seit Jahrzehnten gegen Missbrauch und sexualisierte Gewalt. Oberkirchenrätin Petra Knötzele, betont, dass das Thema Prävention bereits in den 1990er Jahren wichtig war beispielsweise in der Ausbildung von Ehrenamtlichen.

Die Prävention zielt darauf ab, Gewalt vorzubeugen, indem sie Sensibilisierung, Wissensvermittlung und die Sicherung hoher Qualitätsstandards durch gut qualifiziertes Personal fördert. Hierzu gehören klare Regeln und sexualpädagogische Konzepte, beispielsweise in Kitas, die Vermittlung der Kinderrechte und die Aufklärung über angemessenes Verhalten.

Intervention greift bei Verdachtsfällen: Klare Regeln, Freistellung der beschuldigten Person und unabhängige Beratung für Betroffene, deren Anwaltskosten von der EKHN übernommen werden, sind Standard. Eine Strafanzeige wird in jedem Fall erstattet, wenn von weiteren Betroffenen ausgegangen werden muss, ansonsten entscheidet dies die geschädigte Person selbst, da solche Verfahren viele Jahre dauern können. Dies belastet die Betroffenen.

Aufarbeitung beleuchtet systemische Ursachen wie Unterbesetzung oder auch „Haltungsfragen“, etwa ein „Familiengefühl“, das Interventionen behindern kann, indem Situationen verunklart werden („der macht sowas nicht“).

Die EKHN hat ein Gewaltpräventionsgesetz etabliert, das klare Zuständigkeiten festlegt. Es fordert von allen Personen, die mit Schutzbefohlenen arbeiten, erweiterte Führungszeugnisse, obligatorische Schulungen und Selbstverpflichtungserklärungen. Besondere Leitlinien existieren für Berufsgruppen wie den Pfarrdienst und die Kirchenmusik, wo besondere Nähe- und Abhängigkeitsverhältnisse bestehen. Auch die Freizeitarbeit mit Übernachtungen wird aufgrund potenzieller Gefährdungen intensiv betrachtet und erfordert Schutzkonzepte, die transparente Regeln festlegen, etwa für Dusch- und Schlafbereiche. Ein „Heimprojekt“ der EKHN befasste sich mit ehemaligen Heimkindern aus der Nachkriegszeit (1945-1975) und erstellte ein „Heimkataster“ kirchlicher und staatlicher Einrichtungen. Die Erfahrungen reichten von Gewalt und Vernachlässigung bis hin zu liebevoller Betreuung.

Knötzele stellt klar, dass der Vorwurf, die EKD oder Landeskirchen hätten bei der Forum-Studie Personalakten zurückgehalten, ungerechtfertigt sei. Die Studie basiere auf Fragebögen, die von den Kirchen selbst ausgefüllt wurden, und die Forschenden hatten keinen direkten Zugriff auf Akten gewünscht. Personalakten gäben auch selten Aufschluss, da Taten oft im Verborgenen stattfänden.

Die EKHN erhält über 100 Hinweise, die sich nicht alle auf die eigene Kirche beziehen oder strafrechtlich relevant sind, sondern oft Vorstufen, wie etwa verbale Übergriffe, betreffen. Während Pädophilie als krankheitsbedingte Problematik nur eine sehr kleine Gruppe ausmacht und die EKHN hier mit Initiativen wie „Kein Täter werden“ kooperiert, liegt das Hauptproblem im verhaltensbedingten Missbrauch von Macht und Aggression, gepaart mit Leugnung der Täter.

Ein großes Problem ist die „wahnsinnige Verunsicherung“ von Pädagogen und Pfarrpersonen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen, die dazu führt, dass Sexualpädagogik kaum noch stattfindet. Die EKHN begegnet dem mit umfassenden Präventionskonzepten, Schulungen und regionalen Präventionsbeauftragten, um Fachkräften die nötige Reflexion und klare Verhaltensstandards zu vermitteln.

Zur Person:
Petra Knötzele ist Oberkirchenrätin in der Kirchenverwaltung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Sie ist Ansprechpartnerin bei Verdachtsfällen auf sexuelle Gewalt und hat das Projekt „Aufarbeitung der Heimkinderschicksale in der Nachkriegszeit“ geleitet.

Religionspolitik spielt kaum eine Rolle – trotz Verfassungsauftrag

Philipp Greifenstein, Journalist der kritisch-kirchlichen Religionszeitschrift „Die Eule“, analysiert die Religionspolitik der Bundesregierung im Podcast Conny&Kurt. Bundestagspräsidentin Julia Klöckner schlug vor, die Kirchen sollten sich aus der Tagespolitik heraushalten. Greifenstein sieht darin einen Ausdruck des Wunsches, die Kirchen klein zu halten. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien war das Thema Religion „ziemlich dünn“ verankert. Dies liege unter anderem am vorzeitigen Ende der letzten Legislatur und der Fokussierung auf andere dringlichere Themen im Wahlkampf. Im Vergleich zur vorherigen Großen Koalition, die höhere Gestaltungsansprüche hatte, spielen religionspolitische Fragen derzeit noch weniger eine Rolle.

Beim Thema Schwangerschaftsabbruch (§ 218) unterscheiden sich die Positionen der großen Kirchen erheblich: Die evangelische Kirche diskutiert zunehmend eine Entkriminalisierung, während die katholische Kirche auf der Strafbarkeit beharrt. Die aktuell von der CDU/CSU stark mitgetragene Bundesregierung wird diesen Weg der Vorgängerregierung voraussichtlich nicht weiterverfolgen.

Ein zentraler und seit Jahrzehnten ungelöster Punkt sind die Staatsleistungen an die Kirchen. Diese Zahlungen gehen historisch auf den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 zurück, als Ausgleich für enteigneten Kirchenbesitz, und stellen einen Verfassungsauftrag dar. Die jährlichen Leistungen, die derzeit rund 600 Millionen Euro aus Landeshaushalten umfassen, dienen unter anderem zur Finanzierung von Gehältern und Gebäudenutzung. Die Ablösung, wie von der letzten Regierung angestrebt, scheitert vor allem am Widerstand der Länder aufgrund der notwendigen Entschädigungssumme, die die Kirchen verlangen. Gleichwohl sind diese gesprächsbereit. Die finanzielle Situation der Länder ist zu angespannt. Für manche manche Kirchenhaushalte sind sie auf der Einnahmenseite von erheblicher Bedeutung. Sie sind klar von der Kirchensteuer, den Mitgliedsbeiträgen, zu unterscheiden.

Auch der Religionsunterricht, der in der Zuständigkeit der Länder liegt, wandelt sich. Angesichts sinkender Schüler- und Lehrerzahlen gibt es Entwicklungen hin zu konfessionsverbindenden oder interreligiösen Modellen. Dieses Recht auf Religionsunterricht ist eng an den Körperschaftsstatus der Kirchen geknüpft. Der Körperschaftsstatus einzelner Kirchengemeinden wird in vielen Landeskirchen zugunsten der Landeskirche geändert, was Teil umfassender Fusionsprozesse ist.

Andere Religionsgemeinschaften, insbesondere der Islam, finden im Koalitionsvertrag kaum Erwähnung. Während das Judentum durch den Staat erheblich finanziert wird, fehlt es beim Islam oft an einheitlichen Ansprechpartnern für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Fortschritte beim Körperschaftsrecht für muslimische Gemeinschaften sind seit 20 Jahren Islamkonferenz kaum zu verzeichnen. Die Frage, ob sie sich in bestehende rechtliche Strukturen einfügen oder ob neue nötig sind, bleibt offen. Die Einführung islamischer Feiertage wäre eine Möglichkeit, die eher von den Ländern als vom Bund angegangen werden könnte.

Die Kirchen sehen sich durch den Rückgang an Mitgliedern und Kirchensteuereinnahmen vor großen finanziellen Herausforderungen. Manche Landeskirchen hätten lange gezögert, auf diese Entwicklung zu reagieren. Die demografische Entwicklung mit weniger jungen Kirchenmitgliedern und mehr Sterbefällen hält an und stellt ein erhebliches Problem dar.

Trotz geringer politischer Priorität bleibt das Thema Religionspolitik relevant.

https://youtu.be/-PJZnvshqBM

Philipp Greifenstein stammt aus Dresden und wohnt inzwischen in Bad Frankenhausen. Philipp Greifenstein ist freier Journalist (Website) und Geschäftsführer des Magazins für Kirche, Politik und Kultur „Die Eule“ (eulemagazin.de). Schwerpunkte seiner Arbeit sind die aktuelle Religionspolitik, die Missbrauchskrise in den evangelischen Kirchen, Digitalisierung und Rechtsradikalismus in christlichen und kirchlichen Kontexten sowie Ostdeutschland.

Kieler CDU kämpft gegen Antisemitismus

Die CDU-Fraktion im Kieler Stadtparlament hat ihren diesjährigen Neujahrsempfang, der ungewöhnlicherweise im Mai stattfand, dem Thema Antisemitismus und jüdisches Leben in Kiel gewidmet. Die CDU strebt eine parteiübergreifende Zusammenarbeit gegen Antisemitismus in Kiel an. Eine klare Haltung vertritt die Fraktion gegenüber der AfD: Es werde keinerlei Zusammenarbeit geben, da die Partei für ausländerfeindliche und antisemitische Thesen stehe. Deren „Quatsch“ müsse in Gremien entlarvt werden, um Lügen nicht unwidersprochen zu lassen. Der Fraktionsvorsitzende Carsten Rockstein bezeichnete das Thema im Podcast Conny&Kurt als heikel, aber angesichts der aktuellen Lage (Israel-Hamas-Konflikt) und der omnipräsenten Medienberichterstattung als äußerst wichtig.

Zum Empfang wurden neben den jüdischen Gemeinden auch Vertreter:innen weiterer Weltreligionen eingeladen, um hervorzuheben, dass das Thema alle Menschen und Glaubensrichtungen betrifft. Die Berichte der Beteiligten, insbesondere von Mitgliedern der jüdischen Gemeinde und der Antisemitismus-Kämpferin Nellly Eliasberg, hätten die Anwesenden, einschließlich Rockstein selbst, tief berührt.

Es wurde die Sorge geäußert, dass Antisemitismus in der Gesellschaft, auch bei bestimmten Demonstrationen, eine erschreckende „Normalität“ entwickle. Rockstein sieht den Hass auf das Judentum als direkten Angriff auf den jüdischen Glauben. Er beklagt, dass vielen Menschen, besonders jüngeren, das historische Wissen fehle und sie stattdessen von antisemitischen Parolen in sozialen Medien beeinflusst würden.

Für die politische Arbeit leitete die Fraktion die Notwendigkeit ab, mehr Aufklärung zu betreiben, beispielsweise über den historischen Kontext Israel/Palästina. Aufkleber mit Parolen wie „Zionisten töten“, die man auch schon in Kiel sah, gehen gar nicht. Rockstein betont die Notwendigkeit, zwischen dem Staat Israel und der Religion Judentum zu unterscheiden. Kritik am Handeln des Staates Israel müsse erlaubt sein, jedoch dürften keine Doppelstandards im Vergleich zur Hamas angelegt werden.

Zur Person: Seit 2024 ist Carsten Rockstein Fraktionsvorsitzender der Kieler CDU-Ratsfraktion. Er arbeitet als Abteilungsleiter bei der Sparkasse Südholstein. Seit über zehn Jahren ist er Ortsverbandsvorsitzender der CDU Kronsburg/Meimersdorf/Moorsee. Dort war er bis 2024 auch Vorsitzender des Ortsbeirates.

Pfingsten macht Gott komplett

Pfingsten steht vor der Tür, doch vielen Menschen ist die Bedeutung dieses Festes unklar. Oft wird der Pfingstmontag als unwichtig angesehen. Theologisch gesehen macht Pfingsten Gott „komplett“ sagt Oliver Albrecht, Propst für Rhein-Main, im Podcast Conny&Kurt. Es ist nicht ein dritter Gott, sondern die Art und Weise, wie Gott heute noch Kontakt mit uns aufnimmt. Vom Rang her könnte es sogar das wichtigste Fest sein, denn die Geheimnisse von Ostern und Weihnachten erschließen sich erst durch den Heiligen Geist, meint Pfarrer Albrecht.

Der Heilige Geist ist schwer zu fassen. Albrecht bedient sich eines Bildes von Tertullian. Gott sei die Sonne, Jesus Christus der Sonnenstrahl und der Heilige Geist die spürbare Wärme des Sonnenstrahls auf der Haut. Es ist die Wirkweise Gottes, immer derselbe Gott, aber erfahrbar. Dieses Spüren Gottes sei der Heilige Geist.

Pfingsten gilt als Geburtstag der Kirche. Es ist aber nicht die Gründung einer institutionellen Kirche, sondern ein Werk des Heiligen Geistes, das aus einzelnen Gläubigen eine Gemeinschaft formt. Der Geist führt Menschen aus der Vereinzelung zusammen. Pfingsten ist der Beginn der Gemeinde, der Gemeinschaft der Christen, führt Albrecht aus.

Pfingsten ist ein Fest der Gemeinschaft und Solidarität. Es stärkt persönlich, schenkt Trost und das Gefühl, akzeptiert zu sein. Gleichzeitig führt es in die Solidarität und sogar in politische Aktivität, wie einst bei den Propheten. Persönliche Stärkung und Engagement für andere gehören zusammen, betont der Propst.

Pfingsten hat wenige Volksbräuche entwickelt. Anders als Weihnachten oder Ostern, die an weltliche Feste angedockt wurden, fand sich für Pfingsten kein solches Pendant. Auch die Kirche hat kaum neue Rituale geschaffen, was dazu beiträgt, dass viele Menschen die Bedeutung nicht verstehen. Viele Gemeinden behandeln den Pfingstmontag etwas stiefmütterlich. Global gesehen, besonders in charismatischen Kirchen, hat Pfingsten eine hohe Bedeutung mit eigenen Ritualen. Von ihnen könne man lernen, wie man das Fest rituell belebt. Um Pfingsten sichtbarer zu machen, sind öffentliche, eventorientierte Formate nötig, wie das Fest auf dem Frankfurter Römerberg mit gesellschaftspolitischen Predigten und moderner Musik. Pfingsten, das Fest der Gemeinschaft, hat das Potenzial für neue Wege.

Zur Person
Oliver Albrecht ist seit 2015 Propst für Rhein-Main am Dienstsitz in Wiesbaden. In seinen Verantwortungsbereich gehören rund 450 Pfarrerinnen und Pfarrer in etwa 230 Kirchengemeinden mit knapp 400.000 Kirchenmitgliedern.