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45 Jahre Ökumenisches Zentrum Kiel-Mettenhof: Ein Leuchtturmprojekt feiert Jubiläum

Es gilt als das erste ökumenische Gemeindezentrum dieser Form in Deutschland mit einer gemeinsam genutzten Kirche und gemeinsamen Gemeinderäumen. In Kiel-Mettenhof feiert das Ökumenische Zentrum St. Birgitta-Thomas-Haus (BTH) sein 45-jähriges Bestehen. Kirchenpolitisch war es 1980 eine Sensation. Die Idee dazu entstand bereits vor 55 Jahren in der Planungsphase der Trabantenstadt Mettenhof. Pastor Jürgen Benthien, einer der „Väter“ des Zentrums, erinnert sich im Podcast Conny&Kurt an die Anfänge. Benthien war von 1968 bis 1987 in Mettenhof Gemeindepastor, wohnt heute noch in Mettenhof und engagiert sich weiterhin in der Gemeinde.

Ursprünglich waren separate evangelische und katholische Kirchen geplant. Benthien und sein Kollege Wolf R. Jessen erkannten jedoch, dass in einem Neubaugebiet mit kirchlich distanzierten Bewohnern zwei Kirchen keinen Sinn ergäben und man etwas Gemeinsames schaffen müsse. Dieser Gedanke war seinerzeit revolutionär und wurde von den kirchenleitenden Gremien zunächst nicht ernst genommen. Wolfgang Baader stellte im Evangelischen Pressedienst 1973 zum Prozedere süffisant fest: „Die kirchlichen Oberbehörden auf beiden Seiten hatten ihr Wort mitzureden. Allerdings redeten diese Oberbehörden …offiziell kein Wort miteinander. Fast alles vollzog sich zähflüssig zwischen den beiden Kirchengemeindeverbänden in Kiel.“ Baader sprach mit Blick auf die kaum vorhandene ökumenische Landschaft von dem „Modellfall Mettenhof“, der einen „gewissen Avantgardismus“ zeige. Es dauerte zehn Jahre von der Idee bis zur Vollendung des Baus. Die Realisierung erforderte den starken Willen und das Engagement von Personen auf beiden Seiten.

Obwohl das Zentrum ein gemeinsames Bauwerk ist, wurde es nicht vollständig verschränkt gebaut. Die katholische Kirche übernahm die Trägerschaft für die Kirche, die evangelische Kirche für das Gemeindehaus – eine Vorgabe der Kirchenleitungen. Anders war es nicht möglich war. Eine unsichtbare Linie teilt praktisch das Gelände und Grundstück. Dies äußert sich auch in der Zuständigkeit für Reparaturen, wie an den Fenstern, die eindeutig evangelisch oder katholisch zugeordnet sind, was die Unterhaltung erleichtert. Während des Baus wurde Wert auf eine Ausstattung gelegt, die ein Miteinander ermöglicht, etwa durch den Verzicht auf eine Marienstatue im Vorderraum.

Das Miteinander wird heute eher als „gut nachbarschaftlich“ beschrieben. Angesichts schrumpfender finanzieller Mittel und Personalnot auf beiden Seiten wird ökumenische Zusammenarbeit auch andernorts notwendiger. Man spricht schon von der „Bauökumene“. Dennoch gibt es immer noch hie und da Aversionen und kulturelle Unterschiede, etwa bei Gemeindemitgliedern mit polnischem Hintergrund, denen die Kirche zu schmucklos erscheint, oder Evangelischen, die eine zu starke Angleichung an die Katholiken fürchten. Gegen diese Ängste helfe nur, beständig weiterzumachen und gemeinsame Feiern oder Treffen zu fördern. Pastor Benthien wünscht sich für die nächsten 45 Jahre, dass das gute Miteinander bestehen bleibt und man noch mehr aufeinander zugeht. Es besteht die Hoffnung, dass das Zentrum trotz struktureller Veränderungen der Gemeinden erhalten bleibt, da es von großer Bedeutung für Mettenhof ist und ein Leuchtturmprojekt für beide Konfessionen.

Das Jubiläum wird am 14. Juni um 12 Uhr mit einem Festgottesdienst mit Bischöfin Nora Steen und dem stellvertretenden Generalvikar Tobias Sellenschlo im BTH, Skandinaviendamm 350, gefeiert. Anschließend öffnen sich die Türen zu weiteren Festlichkeiten.

Weltgebetstag: Texte aus Palästina überarbeitet

In schweres Fahrwasser geriet in diesem Jahr der eher gesetzte Weltgebetstag der Frauen. Seit 130 Jahren feiern Frauen aller Konfessionen weltweit nach Texten, die von Christinnen aus einem Land ausgewählt wurden. 2017 fiel die Wahl auf Palästina. Und so entstanden ab 2020 Texte und Liturgie, lange vor dem Überfall der Hamas auf Israel. Nach dem 7. Oktober schauten aber viele, etwa die christlich-Jüdische Gesellschaft oder Pax Christi genau hin und erhoben den Vorwurf des Antisemitismus. Das deutsche Weltgebetstags-Komitee überarbeitete die Texte. Die katholische Vorsitzende des deutschen Weltgebetstags-Komitees Ulrike Göken-Huismann nennt dies im Podcast Conny&Kurt Kontextualisierung. So wurde etwa das vom nationalen deutschen Komitee verantwortete Vorwort der Gottesdienstordnung neu formuliert. Mit Blick auf „die unfassbaren und grausamen Terrorakte der Hamas vom 7. Oktober 2023“ und den Gaza-Krieg heißt es dort jetzt: „Wann, wenn nicht jetzt sollten christliche Frauen aller Konfessionen sich weltweit zu Gottesdienst und Gebet, zu Klage und Schweigen, zu inständigem Bitten um Frieden versammeln?“ Die Fürbitten wurden durch eine Bitte für alle, die seit dem 7. Oktober in Israel und Palästina „in unvorstellbarem Ausmaß unter Terror, Not und Krieg und sexualisierter Gewalt leiden“ ergänzt. Den Gottesdienst am 1. März kann man auf Youtube schauen.

Ein Beispiel für die Kirchen: Der Weltgebetstag

Da könnten sich die Kirchen ein Beispiel nehmen. Seit über 100 Jahren treffen sich rund um den Globus Frauen unterschiedlicher Konfessionen am ersten Freitag im März zum Weltgebetstag. „Die Frauen sind der Motor der Ökumene. Während in den Gremien, die von Männern besetzt sind, viel von Ökumene geredet wird, leben wir sie“, sagt die Vorsitzende des Deutschen Weltgebetstagskomitees Ulrike Göken-Huismann im Podcast Conny&Kurt. Der Weltgebetstag sei in über 130 Ländern selbstverständlich gelebte Ökumene. In diesem Jahr haben Frauen aus Taiwan die Liturgie ausgearbeitet. Trotz der Bedrohung strahlten die Texte Zuversicht aus. Und natürlich wird in Deutschland schnell eine Analogie zum Krieg in der Ukraine hergestellt. Deshalb ist Taiwan gar nicht so fern.

Die Zukunft ist ökumenisch

„Alleine, geschweige denn gegeneinander, kommen wir nicht weiter.“ Dies sagt im Podcast Conny&Kurt der katholische Stadtdekan von Frankfurt Johannes zu Eltz. Ausdrücklich schließt er dabei die Christ:innen orthoxer Tradition mit ein. In Bezug auf die Nutzung von Gebäuden verweist er auf die lange historische Tradition der gemeinsamen Nutzung von Kirchen. Den Reformprozess „Synodaler Weg“ bezeichnet er als alternativlos.Die Zukunft ist ökumenisch