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Altersdiskriminierung und Generationenkonflikt: Soziologe fordert gesamtgesellschaftlichen Brückenschlag

Professor Reimer Gronemeyer, Soziologe, Theologe und Autor des Buches „Die Abgelehnten“, kritisiert, dass Altersdiskriminierung oft unterschätzt wird. Er definiert sie als eine tiefe, gesellschaftliche Benachteiligung, die nicht immer offensichtlich ist. Während die Debatte oft die Jungen zugunsten der Boomer benachteiligt sieht, warnt Gronemeyer vor einem „An den Randschieben“ der Alten, beispielsweise durch unbezahlbare Pflegeheimplätze.

https://youtu.be/2-YSgMcEcF8

Die Gesellschaft sei jugendlich geprägt, wodurch die Alten ihren traditionellen Wert als Träger von Wissen und Erfahrung verloren haben. Die Digitalisierung mache Ältere zu ständigen „Schülern“. Dies führe zu einem immer tieferen Bruch zwischen Jung und Alt, der beiden Generationen schade. Die Vorwürfe der Jugend an die Generation der Babyboomer bezüglich der Klimakrise und des Festhaltens an Führungspositionen seien völlig gerechtfertigt, da „alte weiße Männer“ maßgeblich an den heutigen Krisen beteiligt sind. Dieser Konflikt äußere sich auch in einer „giftigen“ Haltung gegenüber den Alten, da sie als Verursacher und Ressourcenverbraucher wahrgenommen werden.

Gleichzeitig sind traditionelle Begegnungsräume wie Kirchen, Parteien und Nachbarschaften zerbrochen, was zu Einsamkeit und Singularität führt. Die Rentendiskussion, in der sich die Generationen gegenseitig Vorwürfe machen, zeige diesen Gegenläufigen Konflikt deutlich.

Gronemeyer fordert einen gesamtgesellschaftlichen Austausch und betont, dass die Lösung nicht von Kabinetten, sondern von den Bürgern selbst kommen muss. Die Krisen müssten gemeinsam bewältigt werden. Die Kirchen könnten eine Rolle spielen, indem sie sich den wirklichen Nöten und Ängsten der Menschen widmen. Wichtiger sei es, gemeinsame Sehnsüchte zu erkennen und Wege zur Überwindung von Erschöpfung durch Stress zu finden, statt sich gegenseitig zu beschuldigen. Ein Lebensstil mit weniger Geld sollte als Chance begriffen werden.

Entscheidend sei die Wiederbelebung des Alltags durch bürgerschaftliches Engagement, etwa solidarische Landwirtschaft, und das Zurückerobern von Städten, Straßen und Plätzen durch Jung und Alt gemeinsam. Der Verlust lokaler Geschäfte, einst wichtige soziale Treffpunkte, verschärfe die Einsamkeit. Gronemeyer bleibt optimistisch: Es gebe bereits viele aufblühende kleine Gruppen, die alternative Lebensweisen praktizieren und Generationen zusammenbringen. Ziel sei ein intergenerationelles Miteinander, das jeden Einzelnen, unabhängig vom Alter, wertschätzt.

Zur Person
Reimer Gronemeyer studierte zunächst evangelische Theologie. 1971 wurde er mit einer Arbeit zu den Paulusbriefen promoviert und war danach Pfarrer in Hamburg. Danach studierte er Soziologie und wurde 1973 mit einer Arbeit zu Fragen der betrieblichen und gesellschaftlichen Partizipation promoviert.

Seit 1975 ist er Professor für Soziologie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit den Fragen des Alterns in der Gesellschaft.

Zur Debatte CDU – AfD: Wer Anstand hat, hält Abstand

Der gestrige Mittwoch war für Conny&Kurt aufregend und aufwühlend. Aufregend das Handballspiel, aufwühlend die Bundestagsdebatte. Beide haben sich darüber gefreut, dass die katholische und evangelische Kirche den Abgeordneten zuvor einen Brandbrief geschrieben haben. Die beiden Kirchen argumentieren in dem vierseitigen Schreiben vor allem juristisch und heben hervor, dass die geplanten regelungen geltendem Recht widersprechen. Vor allem über den Stopp des Familiennachzuges zeigen sich die Kirchen empört. Nach Meinung von Conny von Schumann und Kurt-Helmuth Eimuth widerspricht eine solche Regelung dem christlichen Menschenbild und einer christlichen Vorstellung von Familie. Der CDU/CSU empfehlen die beiden Podcaster Abstand zur AfD zu halten. Sie zitieren die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland Anna-Nicole Heinrich: „Alle reden von Brandmauer, zuallererst brauchen wir Anstand. Wer Anstand hat, macht keine Sache mit Rechtsextremen. Wer Anstand hat, hält Abstand. Und zwar den größtmöglichen.“

https://youtu.be/pdkJKGY33lc

Bischof Jeremias: „Angst ist ein Baustein für populistische Lösungen“

Dem völkischen Menschenbild der AfD widerspricht Bischof Tilman Jeremias im Podcast Conny&Kurt. Das sei mit dem christlichen Menschenbild unvereinbar. Der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche hält die Entlassung eines Pfarrers, der bei der Kommunalwahl für die AfD kandidierte, für richtig. Gleichwohl plädiert er dafür, mit den Menschen im Gespräch zu bleiben. Immerhin haben ein Drittel diese Partei jüngst gewählt. „Ich möchte hören, warum die Menschen so wählen.“ Als Ursache sieht Jeremias eine tiefe Verunsicherung und Angst. Die Unübersichtlichkeit lässt wohl auch die Sehnsucht nach der klaren, übersichtlichen Welt der DDR wiedererstarken.

Dem „Megatrend“ der zurückgehenden Mitgliederzahlen kann sich auch die Kirche in Pommern nicht entziehen. Der Austrittsgrund sei nicht der spontane Ärger. „Wir sehen, dass sich Menschen über Jahrzehnte von der Kirche entfremden, sagt Bischof Jeremias. Auch die wachsende Distanz zum Glauben seien Austrittsgründe. Doch auch im Osten wollen man eine Kirche bleiben, die offen ist für Menschen jeglicher Couleur.

Zur Person:
Tilman Jeremias ist seit dem 20. September 2019 Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Zu seinen zentralen Aufgaben gehört die geistliche Leitung des Sprengels, der den Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Mecklenburg und den Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis umfasst.

Die Kita prägte sie – Christiane Tietz kandidiert als Kirchenpräsidentin

Für Christiane Tietz war der evangelische Kindergarten und der Kindergottesdienst in ihrer Frankfurter Gemeinde eine prägende Zeit. Heute ist die Pfarrerin im Ehrenamt Professorin für systematische Theologie in Zürich. Sie kandidiert für das Amt der Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Die Kindergartenarbeit liegt ihr heute noch am Herzen. Sie sagt im Podcast Conny&Kurt: „Das was Kinder in der frühen Kindheit in einem evangelischen Kindergarten mitbekommen – das Kirchenjahr, welche Lieder kann man da singen und worum geht es da eigentlich – ist etwas, was sich ganz tief bei den Kindern einprägt. Insofern ist das für die Zukunft der Kirche eine ganz entscheidende Aufgabe, die wir auf gar keinen Fall aufgeben dürfen.“ und Christiane Tietz betont: „Man erreicht dort Menschen, die nicht Mitglied der Kirche sind.“ Der Umgang mit sexualisierter Gewalt ist ihr besonders wichtig. Deshalb wäre es auch eine ihrer ersten Handlungen die Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt zu besuchen. Aber auch die Gemeinden und die Verwaltung müssten für dieses Thema sensibilisiert werden. Im Podcast betont Christiane Tietz: „Kirche gibt’s nur mit Gott. Das heißt nicht, dass wir ihn haben, aber dass wir ihn immer suchen. Das steht im Zentrum dessen, was wir machen.“

Für das Amt des Kirchenpräsidenten, der Kirchenpräsidentin, kandidieren drei Personen: Pröpstin Henriette Crüwell, Pfarrer Martin Mencke, Professorin Christiane Tietz. Gewählt wird am 28. September.

Evangelisch ist auch nicht besser

Man ahnte es. Doch das Ausmaß des Missbrauchs überrascht doch. Es lässt einen vor Scham verstummen, macht sprachlos. Dachte man, dass das strukturelle Problem der katholischen Kirche der Zölibat sei, was ja bekanntlich in der evangelischen Kirche kein Problem darstellt. Doch die letzte Woche veröffentlichte Studie ForuM stellt fest, dass ausgerechnet das evangelische Pfarrhaus ein Problembereich darstellt, neben den anderen Arbeitsbereichen. Auch hier gab es das Wegschauen, die Nichtbeachtung der Betroffenen und ja auch Vertuschung. Über die Vorstellung der Studie, die Zahlenbasis und die intensive Einführung in die Studie sprechen Conny&Kurt in ihrem Podcast mit Philipp Greifenstein vom Magazin für Kirche, Politik und Kultur „Die Eule“. Greifenstein schildert seine Eindrücke von der Pressekonferenz und ordnet das Zahlenwerk ein. Conny&Kurt sind verwundert, dass offenbar auch in den letzten beiden Jahrzehnten die evangelische Kirche kaum Schutzkonzepte ausgebaut hat, obwohl dies ein Gebot des schon 2005 verabschiedeten Gesetz zur Kindeswohlgefährdung (§8a, SGB VIII) ist.

Digitalisierung wäre eine Chance für die Kirche

In der Digitalisierung sieht die Würzburger Hochschullehrerin Ilona Nord eine Chance für die Kirche, wie sie im Podcast Conny&Kurt ausführt. Professorin Nord hatte während der Corona-Pandemie an der internationalen wissenschaftlichen Studie Contoc mitgewirkt. Vor diesem Hintergrund sieht sie auf der Gemeindeebene eine große Bereitschaft für digitale Angebote. Allerdings bleibt nähme der Bildungsbereich seine Chance hier nicht befriedigend wahr. Doch oft fehle die Unterstützung der Vorgesetzten. Und kirchenleitend habe bei all den Problemen der Organisation eben die Digitalisierung nicht die höchste Priorität.

Nicht-Fachkräfte sollten wenigstens die Betreuung in den Kitas sicher stellen

Irgendwann riss bei ihm die Hutschnur. Dekan Volkhard Guth war es leid Eltern und Bürgermeistern zu erklären, warum das Dekanat Wetterau in seinen elf Kitas Betreuungszeiten einschränken und sogar Gruppen schließen musste. Er schrieb einen offenen Brief an den Hessischen Sozialminister. Darin schlug er vor, auch Nicht-Fachkräfte für die Betreuung einsetzen zu können. Denn für den Kirchenmann ist klar: Lieber eine sicher gestellte Betreuung als eine qualitativ hochwertige Bildungseinrichtung für wenige. Am liebsten natürlich beides. Inwischen denkt die Politik auch in die Richtung, aber der Dekan warnt im Podcast Conny&Kurt. Es dürfe keine Billiglösung mit Hilfskräften, die weniger verdienen, geben. Vielmehr sollten die mitgebrachten Kompetenzen der Nicht-Fachkräfte in die Kita eingebunden und die Nicht-Fachkräfte entsprechend geschult werden. So etwas verändert die gesamte Struktur eines Teams. Dies wird nur mit fachlicher Begleitung zum Erfolg führen. Aber auch die kostet Geld.

Kitas: Gerechte Finanzierung und multiprofessionelle Teams

Die Kitas der Kirchen und aller freien Träger sollten nach Meinung der Leiterin des Arbeitsbereichs Kindertagesstätten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Sabine Herrenbrück, Darmstadt, alle gleich gefördert werden. Dafür sprach sich die Sozialpädagogin, die für über 600 Kitas zuständig ist, im Podcast Conny&Kurt aus. Bisher wendet die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) beispielsweise noch 48 Millionen Euro für den Betrieb der Kitas auf, während andere freie Träger zu einhundert Prozent die Kosten erstattet bekommen.

Doch das größte Problem ist der Fachkräftemangel. Die Öffnung der Fachkräfteliste durch das Land Hessen begrüßt Sabine Herrenbrück ausdrücklich. Die Mitarbeit von Ergotherapeut:innen und Logopäd:innen ist für ein Schritt zu multiprofessionellen Teams und nicht nur eine quantitative Erweiterungsoption in der Personalgewinnung, sondern auch eine qualitative Verbesserung. „Es ist gut, wenn noch weitere Menschen mitarbeiten. Wir schulen diese zwei Jahre lang.“ Herrenbrück begründet im Podcast Conny&Kurt warum sie darin keine Deprofessionalisierung des Berufs der Erzieherin sieht. „Ich sehe da eher eine Professionalisierung. Deren Fachlichkeit wird eher gestärkt durch neue Aufgaben, etwa im Anleiten von verschiedenen Professionen im Gruppenalltag.“

Der spirituelle Wegbegleiter: Georg Magirius

Seit rund 25 Jahren ist der zum Pfarrer ausgebildete Theologe Georg Magirius als Heilspraktiker selbständig. Nicht zu verwechseln mit einem Heilpraktiker. Überhaupt, so wird im Gespräch im Podcast bei Conny&Kurt deutlich, bietet er nicht einfache Antworten und schon gar nicht Patentantworten, aber er begleitet Menschen auf ihrem Weg durch das Leben mit all seinen Höhen und Tiefen. Begleiten ist dabei auch wörtlich zu nehmen. Spirituelle Wanderungen gehören zu seinem Angebot. Dabei geht es durchaus auch heiter und genussvoll zu. Er schwärmt, wie er im Gespräch verrät, für gute Backwaren. Magirius, der sich auch als Journalist und Buchautor einen Namen gemacht hat, kennt auch die Institution Kirche gut. Er ist verheiratet mit einer Gemeindepfarrerin. Daher sein Satz: „Konferenztische sind ein Teil des Lebens, aber nicht das Leben selbst“. Seine Empfehlung für die Institution evangelische Kirche: „Hört auf eure Quellen, ermuntert Euch gegenseitig, vertraut auf eure Begabungen.“ Er spricht wohl vielen aus dem Herzen, wenn er fordert: „Mehr Inhalte und weniger Strukturdebatten.“

http://Heilspraxis.de

Ostern ist am Ostersonnatg

Ostern ist am Ostersonntag. Banal und doch wird schon reichlich vorher geschmückt. Die Karwoche als Gedenken an das Leiden steht nicht hoch im Kurs. Pröpstin Almut Witt hält das Warten aus und schmückt eben erst am Karsamstag für den Ostersonntag. „Grenzen erfahren und Grenzen aushalten ist für viele Menschen gar nicht mehr vorstellbar“, sagt die Pröpstin für Altholstein im Podcast Conny&Kurt. Ohnmacht und Hilflosigkeit und Leiden gehöre eben auch zum Leben. Doch Ostern gibt Hoffnung. Ohne Hoffnung auf Veränderung könne man die Krisen gar nicht aushalten. „Ostern heißt für mich, dass es eine Kraft gibt, die Neues schafft“, sagt Almut Witt.