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Expertin fordert bei Verdacht Tätigkeitsverbot

Oberkirchenrätin Petra Knötzele, Leiterin der Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), betont beim Umgang mit sexualisierter Gewalt den Dreiklang aus Prävention, Intervention und Aufarbeitung. Knötzele fordert eine bessere Ausstattung von Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendämtern und träumt von einem „Verdachtsregister“, um Tätigkeitsuntersagungen effektiver umsetzen zu können. Heute kann ein unter Verdacht stehender Mitarbeiter, der etwa in der Kita freigestellt wurde, problemlos den Arbeitgeber wechseln. Und dann eben wieder in einer Tageseinrichtung für Kinder arbeiten. Durch klare Regeln, Schulungen und der Pflicht zur Vorlage erweiterter Führungszeugnisse will die EKHN den notwendigen Schutz sicherstellen. Außerdem wurde ein Beschwerdeverfahren implementiert.

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) engagiert sich seit Jahrzehnten gegen Missbrauch und sexualisierte Gewalt. Oberkirchenrätin Petra Knötzele, betont, dass das Thema Prävention bereits in den 1990er Jahren wichtig war beispielsweise in der Ausbildung von Ehrenamtlichen.

Die Prävention zielt darauf ab, Gewalt vorzubeugen, indem sie Sensibilisierung, Wissensvermittlung und die Sicherung hoher Qualitätsstandards durch gut qualifiziertes Personal fördert. Hierzu gehören klare Regeln und sexualpädagogische Konzepte, beispielsweise in Kitas, die Vermittlung der Kinderrechte und die Aufklärung über angemessenes Verhalten.

Intervention greift bei Verdachtsfällen: Klare Regeln, Freistellung der beschuldigten Person und unabhängige Beratung für Betroffene, deren Anwaltskosten von der EKHN übernommen werden, sind Standard. Eine Strafanzeige wird in jedem Fall erstattet, wenn von weiteren Betroffenen ausgegangen werden muss, ansonsten entscheidet dies die geschädigte Person selbst, da solche Verfahren viele Jahre dauern können. Dies belastet die Betroffenen.

Aufarbeitung beleuchtet systemische Ursachen wie Unterbesetzung oder auch „Haltungsfragen“, etwa ein „Familiengefühl“, das Interventionen behindern kann, indem Situationen verunklart werden („der macht sowas nicht“).

Die EKHN hat ein Gewaltpräventionsgesetz etabliert, das klare Zuständigkeiten festlegt. Es fordert von allen Personen, die mit Schutzbefohlenen arbeiten, erweiterte Führungszeugnisse, obligatorische Schulungen und Selbstverpflichtungserklärungen. Besondere Leitlinien existieren für Berufsgruppen wie den Pfarrdienst und die Kirchenmusik, wo besondere Nähe- und Abhängigkeitsverhältnisse bestehen. Auch die Freizeitarbeit mit Übernachtungen wird aufgrund potenzieller Gefährdungen intensiv betrachtet und erfordert Schutzkonzepte, die transparente Regeln festlegen, etwa für Dusch- und Schlafbereiche. Ein „Heimprojekt“ der EKHN befasste sich mit ehemaligen Heimkindern aus der Nachkriegszeit (1945-1975) und erstellte ein „Heimkataster“ kirchlicher und staatlicher Einrichtungen. Die Erfahrungen reichten von Gewalt und Vernachlässigung bis hin zu liebevoller Betreuung.

Knötzele stellt klar, dass der Vorwurf, die EKD oder Landeskirchen hätten bei der Forum-Studie Personalakten zurückgehalten, ungerechtfertigt sei. Die Studie basiere auf Fragebögen, die von den Kirchen selbst ausgefüllt wurden, und die Forschenden hatten keinen direkten Zugriff auf Akten gewünscht. Personalakten gäben auch selten Aufschluss, da Taten oft im Verborgenen stattfänden.

Die EKHN erhält über 100 Hinweise, die sich nicht alle auf die eigene Kirche beziehen oder strafrechtlich relevant sind, sondern oft Vorstufen, wie etwa verbale Übergriffe, betreffen. Während Pädophilie als krankheitsbedingte Problematik nur eine sehr kleine Gruppe ausmacht und die EKHN hier mit Initiativen wie „Kein Täter werden“ kooperiert, liegt das Hauptproblem im verhaltensbedingten Missbrauch von Macht und Aggression, gepaart mit Leugnung der Täter.

Ein großes Problem ist die „wahnsinnige Verunsicherung“ von Pädagogen und Pfarrpersonen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen, die dazu führt, dass Sexualpädagogik kaum noch stattfindet. Die EKHN begegnet dem mit umfassenden Präventionskonzepten, Schulungen und regionalen Präventionsbeauftragten, um Fachkräften die nötige Reflexion und klare Verhaltensstandards zu vermitteln.

Zur Person:
Petra Knötzele ist Oberkirchenrätin in der Kirchenverwaltung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Sie ist Ansprechpartnerin bei Verdachtsfällen auf sexuelle Gewalt und hat das Projekt „Aufarbeitung der Heimkinderschicksale in der Nachkriegszeit“ geleitet.

Das zweite Gesicht der EKHN

Sie ist das „zweite Gesicht“ der Landeskirche. Birgit Pfeiffer ist Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und damit die höchste Ehrenamtliche der Landeskirche. Die promovierte Medizinerin sieht im Podcast Conny&Kurt die Entwicklung der evangelischen Kirche trotz der Herausforderungen positiv. In den Veränderungen der Kirchenstruktur mit ihren Nachbarschaftsräumen, die die Zusammenarbeit mehrerer Gemeinden bündeln, sieht sie Chancen.

Pfeifers Weg zur aktiven Kirchenarbeit begann vor 50 Jahren mit ihrer Konfirmation in Schwenningen, Württemberg. Dies war ein „Dreh- und Wendepunkt“ in ihrem Leben. Nach der Konfirmation engagierte sie sich in der Jugendarbeit, begleitete Jungschargruppen und Freizeiten. Ihr Engagement entwickelte sich über verschiedene Stationen, vom Kirchenvorstand über die Dekanatssynode und den Dekanatssynodalvorstand bis hin zur Kirchensynode und schließlich 2022 zur Wahl als Präses der Kirchensynode.

Zur Person:
Birgit Pfeiffer (61) ist promovierte Medizinerin und arbeitet als Gleichstellungsbeauftragte an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Integrationsoffensive statt Abschiebungsoffensive

Nach der Vorstellung des Interkulturellen Beauftragten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Andreas Lipsch, braucht es eine Integrationsoffensive statt einer Abschiebungsinitiative. „Zu glauben, dass man über Abschiebungen eines der Probleme löst, ist völlig abwegig“, sagt Pfarrer Lipsch im Podcast Conny&Kurt. Es gäbe Möglichkeiten, die aber oft von den Behörden nicht genutzt würden. Lipsch erlebt in seiner Praxis, dass sogar ausgebildete Kräfte, etwa Krankenpfleger, kurz vor Erlangung des Bleiberechts abgeschoben würden. Die Erzählung, dass „Migration die Mutter aller Probleme“ sei, hält Lipsch für absurd. Die Parteien hätten sich von der AfD vor sich hertreiben lassen. Lipsch verweist darauf, dass von den in den Jahren 2015/2016 gekommenen männlichen Flüchtlingen 86 Prozent im Arbeitsmarkt integriert seien. Zuwanderung werde dringend benötigt, auch von ungelernten Kräften.

Zur Person
Pfarrer Andreas Lipsch Abteilungsleitung Flucht, Interkulturelle Arbeit, Migration (FIAM) Interkultureller Beauftragter der Evangelischen Kirche in Hessen

Kirchenpräsident Jung: „An der Friedensbotschaft ausrichten“.

Die Amtszeit des Kirchenpräsidenten der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau Volker Jung läuft am 31. Dezember aus. Im Podcast Conny&Kurt resümiert er, dass ihm der Kontakt zu vielen Menschen immer wieder Freude bereitet habe. Seinen Talar wird er nicht an den Nagel hängen, aber doch eine halbjährige Pause einlegen. Besonders berührt hat ihn während seiner 16jährigen Amtszeit eine Tagesreise nach Belarus. Er begleitete den Bundespräsidenten zur Einweihung der Gedenkstätte im Vernichtungslager Maly Trostinez. Seit vielen Jahren leistet dort die evangelische Kirche Versöhnungsarbeit.

Weihnachten ist für Jung Hoffnung. Es gelte sich an der Friedensbotschaft auszurichten. Denn wir Menschen seien fehlbar und verführbar. Jesus setze nicht auf Macht, sondern versuche die Herzen der Menschen zu erreichen.

Eine letzte Predigt als Kirchenpräsident wird Volker Jung am 1. Weihnachtsfeiertag in der Frankfurter Katharinenkirche an der Hauptwache halten.

Zur Person: Pfarrer Dr. Dr. h. c. Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN, steht bis zum 31. Dezember 2024 an der Spitze der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN).

Die Kita prägte sie – Christiane Tietz kandidiert als Kirchenpräsidentin

Für Christiane Tietz war der evangelische Kindergarten und der Kindergottesdienst in ihrer Frankfurter Gemeinde eine prägende Zeit. Heute ist die Pfarrerin im Ehrenamt Professorin für systematische Theologie in Zürich. Sie kandidiert für das Amt der Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Die Kindergartenarbeit liegt ihr heute noch am Herzen. Sie sagt im Podcast Conny&Kurt: „Das was Kinder in der frühen Kindheit in einem evangelischen Kindergarten mitbekommen – das Kirchenjahr, welche Lieder kann man da singen und worum geht es da eigentlich – ist etwas, was sich ganz tief bei den Kindern einprägt. Insofern ist das für die Zukunft der Kirche eine ganz entscheidende Aufgabe, die wir auf gar keinen Fall aufgeben dürfen.“ und Christiane Tietz betont: „Man erreicht dort Menschen, die nicht Mitglied der Kirche sind.“ Der Umgang mit sexualisierter Gewalt ist ihr besonders wichtig. Deshalb wäre es auch eine ihrer ersten Handlungen die Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt zu besuchen. Aber auch die Gemeinden und die Verwaltung müssten für dieses Thema sensibilisiert werden. Im Podcast betont Christiane Tietz: „Kirche gibt’s nur mit Gott. Das heißt nicht, dass wir ihn haben, aber dass wir ihn immer suchen. Das steht im Zentrum dessen, was wir machen.“

Für das Amt des Kirchenpräsidenten, der Kirchenpräsidentin, kandidieren drei Personen: Pröpstin Henriette Crüwell, Pfarrer Martin Mencke, Professorin Christiane Tietz. Gewählt wird am 28. September.

Die Schwerpunkte als Kirchenpräsident: Sexualisierte Gewalt, Diakonie und lokale Verantwortung

Falls er im Herbst von der Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) zum Kirchenpräsidenten gewählt wird, will Oberkirchenrat Martin Mencke vor allem in der Frage der sexualisierten Gewalt nicht nachlassen. „Das hat für mich eine hohe Priorität“, sagt Mencke, der derzeit der Beauftragter der Evangelischen Kirchen am Sitz der Landesregierung ist, im Podcast Conny&Kurt. Das werde weiterhin eine Daueraufgabe für die Kirche sein. Ferner will er dazu ermutigen, dass jede Kirchengemeinde und jeder Nachbarschaftsraum ein diakonisches Projekt durchführe. Die Kirche sei nicht nur eine Glaubens- sondern auch eine Handlungsgemeinschaft. Mencke spricht von der Diakonie als „zweites Bein unseres christlichen Glaubens.“ In den Strukturprozessen möchte er, dass die lokalen Verantwortungsträger „so viel Verantwortung wie nur irgend möglich bekommen“. Da möchte er eine Dynamisierung hinbekommen, um Innovationskraft freizusetzen.

Für das Amt des Kirchenpräsidenten, der Kirchenpräsidentin, der EKHN kandidieren drei Personen: Pröpstin Henriette Crüwell, Pfarrer Martin Mencke, Professorin Christiane Tietz. Gewählt wird am 28. September.

Kulturwandel in der Kirche gefordert

Henriette Crüwell, Pröpstin (Regionalbischöfin) für Rheinhessen, möchte einen Kulturwandel in der Kirche anstoßen. Die Bewerberin für das Amt der Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau will, dass man mit „Zutrauen und Wohlwollen“ allen begegnet, die in der Kirche arbeiten. „Wir sind Kirche im Plural“, sagt sie im Podcast Conny&Kurt. Dies meine, dass jede Gemeinde an ihrem Ort ihren Weg zu den Menschen finden muss. „Wir müssen weg von der McDonalds-Haltung, wo man in jeder Filiale das gleiche Menü bekommt“. Dabei komme es im Sozialraum auch auf die Identitätsmarker an. Dies könnten Pfarrpersonen und andere Mitarbeiter:innen sein, die Diakonie oder auch die Gebäude. Den derzeitigen Prozess der Gebäudereduzierung in der Kirche kritisierte Crüwell. Es werde zu wenig gefragt, welchen Zweck sie künftig erfüllen sollten. Die Kirchensteuer bezeichnete die Pröpstin als einen Schatz, der es ermögliche, Volkskirche zu bleiben. Aber schon jetzt solle man über andere Finanzierungsmodelle nachdenken.

Für das Amt des Kirchenpräsidenten, der Kirchenpräsidentin, kandidieren drei Personen: Pröpstin Henriette Crüwell, Pfarrer Martin Mencke, Professorin Christiane Tietz. Gewählt wird am 28. September.

Jugend 2024: Kein Pessimismus bei den Jugenddelegierten

Die Studie „Jugend in Deutschland 2024“ bilanziert eine pessimistische Grundhaltung in der jungen Generation. Sie spricht sogar davon, dass die Stimmung in der jungen Generation zu kippen drohe. Stress und Erschöpfung seien angestiegen. Die Podcaster Conny von Schumann und Kurt-Helmuth Eimuth befragten zwei Jugenddelegierte in der Synode (Parlament) der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Hannah Ferber und Jeremy Sieger können den Befund mit Blick auf das Weltgeschehen verstehen. Doch ihre Haltung ist eine ganz andere. In der Kirche findet man, so Sieger, „eine offene Gemeinschaft, die wertschätzend mit einem umgeht. Man hat Raum und Räume sich zu entfalten. Man hat viele Möglichkeiten.“ Hannah Ferber pflichtet ihm bei: „Jeder und jede findet ihren Platz in Kombination mit dem Spirituellen.“ Ihre Empfehlung für die Kirche ist eine bessere „Glaubenskommunikation“, vor allem auch in den sozialen Medien. Und die Kirche solle sich klar positionieren, etwa gegen Rechts.

https://youtu.be/Dcj_ACC95Qk

Kirche und AfD: Klare Kante und milieu-übergreifende Plattform

Katholische und evangelische Kirche haben sich klar von AFD-Mitgliedern abgegrenzt. Für die katholischen Bischöfe ist klar: Völkisch-nationalistisches Gedankengut passt nicht zu ihrer Kirche. Auch die Synode der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau (EKHN) hat sich klar gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus positioniert. Kirchenpräsident Volker Jung hält die AfD aus christlicher Sicht nicht für wählbar. Und doch kann es gerade Aufgabe der Kirche sein, eine Plattform für die Themen, die Menschen verunsichern, zu sein. Im Podcast Conny&Kurt plädieren die beiden Podcaster dafür, sowohl klare Kante zu zeigen, als auch ein Forum für eine milieu-übergreifende Auseinandersetzung zu sein. Eine einmalige Chance der Kirche.

Frauenarbeit: Zwei Schritte zurück

Vor wenigen Wochen beschloss die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) drastische Einschnitte bei der Frauenarbeit. Die finanzielle Unterstützung für den Landesverband Evangelischer Frauen in der EKHN wird ab 2027 um knapp 60 Prozent gekürzt. Zusätzlich wird die Stelle der Geschäftsführenden Pfarrerin ab 31.12.2029 gestrichen. Im Podcast Conny&Kurt fragen die beiden Männer die Geschäftsführende Pfarrerin des Verbandes, Anja Schwier-Weinrich, wie das passieren konnte. Schließlich wird sonst gerade in dieser Landeskirche Wert darauf gelegt, Frauen zu fördern. Schwier-Weinrich sieht in der Gesellschaft einen Prozess des Rollbacks, der auch vor der Kirche nicht Halt mache. „Frauenthemen sind out.“ Auch Untersuchungen zeigten, dass in Krisenzeiten zu alten Rollenbildern und -verhaltensweisen zurückgekehrt werde. Es kommt zu einer Retraditionalisierung.